Unter „häuslicher Gewalt“ wird im Allgemeinen die Gewaltanwendung in Ehe- und Partnerbeziehungen verstanden. Ganz überwiegend handelt es sich dabei um Gewalthandlungen von Männern gegenüber Frauen, die sich innerhalb des – oft auch räumlich aufzufassenden – engsten sozialen Beziehungskreises der Frau ereignen.
Die Gewaltanwendung kann sich auch bei Partnerinnen oder Partner in gleichgeschlechtlichen Lebensweisen ereignen.
Häusliche Gewalt hat vielfältige Erscheinungsformen: von subtilen Formen der Gewaltausübung durch Verhaltensweisen, die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Geschädigten / des Geschädigten ignorieren, über Demütigungen, Beleidigungen und Einschüchterungen sowie psychischen, physischen und sexuellen Misshandlungen bis hin zu Vergewaltigungen und Tötungen.
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Die Rosenstraße 76 ist eine Ausstellung von der Diakonie und Brot für die Welt, die für die Thematik der häuslichen Gewalt sensibel machen soll. Gezeigt wird eine Wohnug wie jede andere. Doch verbunden mit verschiedenen Räumen oder alltäglichen Gegenständen sind Geschichten von Opfern und aufklärende Kommentare.
Vor der Tür gepflegte Blumenbeete, auf dem Schuhabstreifer Willkommensgrüße – und doch steht die Wohnung Rosenstraße 76 exemplarisch für Räume, in denen Gewalt an der Tagesordnung und der Terror zu Hause sind. Sie ist einer der Orte, an dem Menschen psychisch und sexuell erniedrigt, geschlagen, vergewaltigt und manchmal auch getötet werden.
Was hinter den Türen der Rosenstraße 76 geschieht, könnte überall passieren: in Deutschland oder anderen Ländern, in engen Großstadtwohnungen oder vornehmen Villen, in von Arbeitslosigkeit betroffenen Familien oder bei den oberen Zehntausend – auch in Ihrem unmittelbaren Umfeld!
aus dem Heft zur Ausstellung Rosenstr. 76
Das Problem ist häufig, dass Täter/in und Opfer eine sehr enge Bindung aneinander haben oder mindestens hatten. So fühlen sich viele Opfer nicht als Opfer und viele Täter/innen nicht als Täter/innen. Dazu kommt, dass die Tat genau dort stattfindet, wo das Opfer die meiste Geborgenheit und Sicherheit erwartet – in 70 % der Fälle die eigene Wohnung.
Wenn der Polizei ein Fall bekannt wurde, kann sie den/die Täter/in für eine gewisse Zeit der Wohnung verweisen und ein Rückkehrverbot erteilen. Oft wenden sich Frauen auch an ein Frauenhaus und fliehen von zu Hause. Jährlich sind es etwa 45.000 Frauen, die teils mit ihren Kindern dorthin kommen. Doch viele kehren in die Gewaltsituation zurück, weil sie die endgültige Trennung aus verschiedenen Gründen nicht schaffen.
Einen wirksamen und schnellen Schutz vor den Gewaltattacken des Partners bieten Frauenhäuser. Tag und Nacht stehen ihre Türen offen – eine Zuflucht für Frauen mit und ohne Kinder, die körperlich oder seelisch misshandelt oder bedroht werden. In geschütztem Umfeld können sie eine ganze Reihe betreuender, beratender und seelsorgerischer Angebote wahrnehmen. Sie erhalten die Chance, die erfahrene Gewalt zu verarbeiten und lernen mit der Hilfe qualifizierter Mitarbeiterinnen, ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben ohne Gewalt zu führen.
aus dem Heft zur Ausstellung Rosenstr. 76
Dazu auch lesens- und ansehenswert ist diese Doku des BR-Alpha: Letzte Rettung Frauenhaus.
Kinder leiden unter der Beobachtung von Gewalt ebenso sehr wie unter selbst erlebter Gewalt, so zahlreiche Studien. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie später selbst Opfer oder Täter werden, erhöht sich enorm. Denn das Kind lernt Gewalt als einen Bestandteil von Liebe kennen. Zudem gibt es noch zuviele Fälle, in denen die Täter/innen nicht bestraft werden. Daher lernen die Kinder, dass Gewalt siegt.
In den USA haben 63 % aller Täter Misshandlungen miterlebt oder wurden misshandelt. Bei zwei Dritteln aller Mörder unter 20 Jahren handelt es sich um Söhne, die den Mann umbringen, der ihre Mutter misshandelte.
aus dem Heft zur Ausstellung Rosenstr. 76
Kinder können sich an das Kinder-Notruf-Telefon wenden.
Häufig sind Männer die Täter. Sie spielen die Rolle, die ihnen ihr kultureller und familiärer Hintergrund zugewiesen hat. (Ebenso wie Frauen.) Diese Rolle beinhaltet meist die Aufgaben versorgen und beschützen. Viele Gewalttaten beruhen auf einem Moment, in dem Täter ihre Partnerin als übermächtig empfinden. Sie geraten in einen „Rausch der Macht“ (Rosenstr. 76) , der eigentlich nur ihre Ohnmacht ausdrückt.
Männerarbeit hinterfragt diese Rolle des Mannseins. Die Teilnehmer suchen nach Ursachen ihrer Verhaltensweisen und suchen nach einer „neuen Männlichkeit“.
Häufig gewinnen die Teilnehmer die Erkenntnis, dass die Befreiung von Machtzwang und Machogehabe nicht automatisch den Verlust der Männlichkeit mit sich bringt, sondern ihren eigentlichen Wünschen viel mehr entspricht: nämlich ein Leben ohne Gewalt und ohne gesellschaftlichen Erwartungsdruck zu führen. […]
Auf diese Art bilden sich neue Wertesysteme: Nach einer Studie gehören mittlerweile rund 20 % der deutschen Männer zu den sogenannten „neuen Männern“.
aus dem Heft zur Ausstellung Rosenstr. 76
Frauen können sich an die AVA (Anti-Violence-Awareness) wenden.
Doch Männer können auch selbst Opfer häuslicher Gewalt werden. Darauf macht bspw. die private Website Schlägerinnen-Stopp aufmerksam. Siehe dazu auch die folgende Dokumentation:
Frauen, Männer und Kinder können sich an diesen Notruf wenden.
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